Herausforderungen an der Schule

Der dritte Teil meiner ZIVI-Serie handelt von meinem Einsatz im Schulbereich. Ich kam erstmals als Erwachsener mit den heutigen Herausforderungen an einer Schule in Kontakt. Ein Text über die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis.

 

Teil 1: Im Dienst für die Gesellschaft

Teil 2: Ein Einsatz für  eine gesunde Seele

Teil 3: Herausforderungen an der Schule

 

Als ZIVI ohne bisherigen Einsatz in der Armee, absolviert man innerhalb der ersten drei dienstpflichtigen Jahren einen sogenannten langen Einsatz. Dieser dauert im Minimum 180 Tage und muss am Stück geleistet werden. Für meinen langen Einsatz entschied ich mich für den Schulbereich. Von August 2020 bis Februar 2021 war ich als Lehrerassistenz in Erschwil SO im Einsatz. Ich unterstützte die Lehrpersonen bei ihrer täglichen Arbeit im Kindergarten und an der Primarschule.

 

Wenn ich Mitmenschen von meinem Schuleinsatz erzähle, löst dies zuallererst Erstaunen aus. Die meisten verstehen nicht, wie und warum ein solcher Einsatz überhaupt notwendig ist. Nun, er ist notwendiger als viele sich das vorstellen können. Der Kanton Solothurn wendet das sogenannte integrative Schulmodell an. Das heisst, dass Kinder mit besonderem Bildungsbedarf die obligatorische Schule besuchen. Dazu gehören Schülerinnen und Schüler mit besonderen Begabungen, einer Lernbeeinträchtigung, einem Lernrückstand oder einer Verhaltensauffälligkeit. Sie alle bekommen ein Förderangebot. Das heisst, sie werden teils mit anderen Lehrmittel oder in spezifischen Gruppen unterrichtet.

 

Somit entstehen also pro Klasse nochmals Untergruppen mit Kindern, welche spezielle Förderung erhalten. Kommt hinzu, dass an vielen Schulen in kleineren Gemeinden - so auch in Erschwil - bereits zwei Klassen pro Zimmer und Klassenlehrperson unterrichtet werden. Pro Fachkraft ergibt das also vier parallel laufende Gruppen. Eine Herkulesaufgabe. Logisch: Irgendwie ist auch die zu meistern. Es stellt sich dann aber schnell die Frage, wie sehr die Schülerinnen und Schüler tatsächlich vom System profitieren. Zu oft entstehen leere Zeiten, wo sich Lehrpersonen um andere Kinder oder Angelegenheiten kümmern müssen. Da ändert auch die Tatsache nicht viel daran, dass zeitweise eine heilpädagogische Fachkraft den Lehrpersonen mit Rat und Tat zur Verfügung steht.

 

Das integrative Schulmodell hat zweifellos Vorteile. So soll jedes Kind da in die Schule gehen, wo es auch wohnt. Im Klassenzimmer lernen die jungen Menschen dann das Zusammenarbeiten in einer bunten Gruppe. Sie lernen, sich mit stärkeren oder schwächeren Menschen abzufinden. Genau so, wie sie das dann später in der Gesellschaft auch tun müssen. Sie profitieren aber nur vom System, wenn die Voraussetzungen dafür passen. Da weicht die Theorie leider zu oft von der Praxis ab. Ein Zustand, dem auch auf kantonaler Ebene entgegengewirkt werden muss. Es braucht dringend mehr finanzielle und vor allem personelle Ressourcen.

 

An dieser Stelle kam ich als ZIVI zum Zug. Auch ich war nicht die Lösung für alle Probleme, konnte aber einige Lücken im Schulalltag füllen. So stand ich den Schülerinnen und Schüler während dem Unterricht zur Seite, konnte Fragen beantworten, sie bei Schwierigkeiten unterstützen oder auch mal individuell mit einer Gruppe arbeiten. Die Lehrerinnen und Lehrer wurden in dieser Zeit entlastet und konnten sich wiederum voll und ganz anderen Problemen und Bedürfnissen der Kinder widmen.

 

Auch ausserhalb der eigentlichen Schulzeit profitieren die Schülerinnen und Schüler von ZIVIs. So kamen auch einige Kinder zu mir in die Hausaufgaben-Hilfe. Diese fand jeweils am Nachmittag, im Anschluss an den Unterricht während einer Stunde statt. Die Schülerinnen und Schüler erhielten  so einen fixen Zeitraum und die nötige Unterstützung um die Hausaufgaben erledigen zu können. Etwas, was ihnen im privaten Umfeld meist fehlte.

 

Darüber hinaus unterhielt ich die IT-Arbeitsmittel der Schule und sprang in der Pause auch mal als Torwart beim Fussballspiel ein. Und auch der Hauswart war um helfende Hände froh. Zusammen mit weiteren, kleinen Aufträgen ergab  sich so ein Einsatz von acht Stunden pro Tag. Acht Stunden, welche meiner Meinung nach sinnvoll und nützlich eingesetzt wurden. Genau so, wie es sich für einen Einsatz zugunsten der Gesellschaft gehört.